Etwas Physik
und mehr
Hier etwas Physik, da ein Hauptargument gegen Stahl ist, dass die Jigköpfe
dadurch zu groß werden. Ich habe mir das mal etwas genauer theoretisch
und praktisch angeschaut.
Dichte: Blei 11,3 g/cm³; Stahl 7,8 g/cm³; Dichte-Verhältnis
Blei/Stahl: 11,3/7,8 = 1,45 (in Luft)
Da man aber
im Wasser fischt, ist das Verhältnis im Wasser interessant:
Verhältnis Blei/Stahl im Wasser = (11,3 - 1) / (7,8 - 1) = 1,51,
weil Wasser mit Dichte 1 einen Auftrieb erzeugt.
D.h. um mit einer Stahlkugel im Wasser auf das selbe Gewicht wie mit
einer Bleikugel zu kommen, muss die Stahlkugel ein 1,51 mal so großes
Voumen haben. Der Durchmesser einer Kugel steigt mit der 3. Wurzel des
Volumens. Die 3. Wurzel aus 1,51 ist 1,15. D.h. der Durchmesser eines
Stahl-Jigkopfs ist um 15% größer als der eines gleich schweren
Blei-Jigkopfs.
In der Praxis ist das Verhältnis etwas schlechter, weil beim Bleikopf
oft auch der Hakenschenkel ein Stück mit Blei ummantelt ist und kein
Schlitz vorhanden ist.
Man kann rechnen, dass ein Stahlkopf einen ca. 20% größeren
Durchmesser als ein gleich schwerer Bleikopf hat.
Beispiele siehe nachfolgendes Fotos:
Montiert:
Größenvergleich 10g Stahlkopf vs. 10g Bleikopf; montiert
an 10cm-Gummifisch
Im Verhältnis zum Bleikopf wirkt der Stahlkopf schon groß,
ich finde aber, dass er im Verhältnis zum 10cm-Gummifisch nun auch
wieder nicht so auffällig ist. Ich hoffe jedenfalls, die Zander sehen
das auch so :)
Grafischer Vergleich Blei - Stahl:
Unmontiert:
Größenvergleich 10g Stahlkopf vs. 10g Bleikopf
Ein anderer Vergleich: Ein 10g-Stahlkopf ist etwa so groß wie ein
14g-Bleikopf mit nicht ummanteltem Hakenschenkel (sonst wie 15g).
Siehe nachfolgendes Foto:
Größenvergleich 10g Stahlkopf vs. 14 g Bleikopf
Vergleich mit ZAMAK:
Die bleifreien Rundkopf-Jigköpfe, die ich bisher am Markt fand,
sind aus ZAMAK (Legierung aus Zink Aluminium Magnesium
Kupfer). Sie sind bei gleichem Gewicht größer als Köpfe
aus Stahl, weil ZAMAK nur eine Dichte von ca. 6,7 g/cm³ hat, Stahl
jedoch 7,8. Giftigkeit und Korrodierfähigkeit kann ich als Laie wenig
beurteilen.
Ein 10g ZAMAK-Kopf ist merkbar größer als ein 10g Stahlkopf:
Größenvergelich 10g Stahlkopf vs. 10g ZAMAK-Kopf
Weitere grafische Größenvergleiche von Jigköpfen aus
Blei mit anderen Materialien siehe Seite Alternativen
zu Bleijigs
Beim Vergleich der verschiedenen Materialien ist auch noch zu beachten,
dass Blei im Wasser etwas schwerer als Stahl ist.
1 cm³ Blei wiegt im Wasser 11,3 -1 = 10,3g, also um 8,8 % weniger
als in Luft.
1 cm³ Stahl wiegt im Wasser 7,8 -1 = 6,8g, also um 12,8 % weniger
als in Luft.
Daraus folgt: Ein 10g Bleikopf wiegt im Wasser 9,12g. Ein 10g Stahlkopf
jedoch nur 8,72g also 0,4g weniger.
Kommt es wegen der 20% größeren Jigköpfe zu einer
Verringerung des Fangerfolgs?
In trübem Wasser vermutlich kaum. Meine Fangergebnisse bestätigen
diese Vermutung. In klarem Wasser spielt der größere Kopf vermutlich
schon eine gewisse Rolle. Welche, müsste man durch Praxistests herausfinden.
Wäre dankbar über entsprechende Erfahrungsberichte.
Es wird ja ohnehin auch mit größeren (aber natürlich
auch schwereren) Blei-Köpfen erfolgreich auf Zander geangelt. Manchmal
hört man auch von guten Erfolgen bei deutlich überbleiten Ködern,
also wenn deutlich schwerere und damit größere Köpfe verwendet
werden, als für das Ködergefühl notwendig wäre.
Ein Hänger bedeutet aufgrund der Sollbruchstellen auch nicht mehr automatisch
ein Neumontieren der gesamten Montage, was insbesondere bei Kälte
und Dunkelheit Zeit und Nerven spart.
Höherer Strömungsdruck:
Da Stahljigs größer sind, sind sie mehr dem Strömungsdruck
ausgesetzt. Bei starker Strömung und zugleich tiefem Wasser sind
Stahljigs den Bleijigs unterlegen. Nachteilig dazu kommt in diesem Fall
auch die geringere Sinkgeschwindigkeit.
Geringere Absinkgeschwindigkeit:
Muss naturgemäß so sein. Da sie aber von so vielen Faktoren
abhängt (Tiefe, Strömung, Entfernung, Schnurstärke, Köderart,
Ködergröße, etc.) fiel mir das in der Praxis nicht auf.
Ist je nach Bedingungen ein Vor- oder auch ein Nachteil. Nachteil z.B.
bei großer Tiefe und starker Strömung. Vorteil bei geringer
Tiefe.
Klopfgeräusch auf Stein:
Müsste etwas stärker sein, weil Stahl härter ist als Blei,
durch die geringere Sinkgeschwindigkeit aber vielleicht auch nicht. Vor-
oder Nachteil? Keine Ahnung.
Rost:
Abgerissene Jigköpfe sollen möglichst rasch im Wasser verrosten.
Ich würde die Köpfe daher nicht mit einem Rostschutz ausstatten.
Beim Fischen hat die Rostfarbe eher eine tarnende Wirkung als ein metallisch
glänzender Jigkopf. Rost in der Köderdose spielt eine untergeordnete
Rolle, weil bis die Köpfe richtig Rost ansetzen können, sind
sie erfahrungsgemäß längst wieder abgerissen.
Ein Blick in eine Köderbox mit Stahlköpfen:
Vergrößerung
Gummiköder aus biologisch abbaubarem Material und ohne giftige
Weichmacher:
Sind vermutlich wesentlich umweltschonender als Gummiköder aus PVC
und PVC-Weichmachern. Und vermutlich auch wesentlich weniger gesundheitsschädlich
für Hersteller, Verkäufer und uns Angler. Es gibt dazu bereits
Produkte auf dem Markt und mMn interessante Entwicklungen. 2022 hab ich
dazu erste Gehversuche gemacht. Infos und Bilder siehe dieses Forumthema.
Ist die Giftwirkung des Bleis für die Umwelt vernachlässigbar
oder nicht?
Darüber gibt es eine ewige (Laien-)Diskussion. Ich habe diese Diskussion
satt und bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich das als Laie überhaupt
nicht beurteilen und entscheiden kann. Hier ein Link zu einem Forumbeitrag,
in dem ich meine Meinung dazu ausführlicher äußere: https://angelforum.at/viewtopic.php?f=75&t=22210&start=30#p295259
Giftigkeit des Bleis für uns Angler und die Bleihersteller:
Sollte man wohl auch etwas im Auge behalten. Siehe Aufdruck auf einer
amerikanischen Bleipackung:
Bei Verwendung von Stahl statt Blei erübrigt sich auch dieses Thema,
weil das Element Eisen ist bekanntlich ungiftig.
Ökobilanz bei der Herstellung (ergänzt
am 23. Februar 2020; aktualisiert am 8. Mai 2021)
Meines Wissens nach sind Energiebedarf und Co2-Ausstoß für
Gewinnung und Herstellung bei Stahl- und Bleijigs in etwa vergleichbar.
Bei Tungsten-Jigs dürften die Werte um ein mehrfaches schlechter
sein als bei Stahl und Blei. Die Umweltbelastung durch Energiebedarf und
Co2-Ausstoß für die Herstellung von Jigs ist im Vergleich zur
Umweltbelastung durchs Autofahren aber eher klein. Das heißt, sobald
etwas längere Autofahrten zum Erreichen des Angelreviers erforderlich
sind, relativiert sich über ein ganzes Angeljahr gesehen der Energiebedarf
für die Produktion der Angelgewichte stark. Mehr Details und Daten
siehe in diesem Forumsartikel.
Bleiverbots-Debatte: (ergänzt
am 11. Februar 2020)
Update am 8. Mai 2021:
Seit Beginn 2021 gibt es von seiten der EU den Vorschlag, den Verkauf
von Angelblei generell zu verbieten. Siehe diese ECHA-Mitteilung
Meine Meinung zur Bleiverbots-Debatte:
Ich bin gegen ein totales Angelblei-Verbot. Viel mehr hoffe ich auf die
Vernunft aller Beteiligten und einen Kompromiss (siehe weiter unten) mit
dem alle leben können und der für die Natur deutlich weniger
Bleibelastung bedeutet als zum jetzigen Zeitpunkt.
Ich bin der Meinung, dass es ein schwerwiegender Nachteil für uns
Angler wäre, wenn für alle Angelarten und -situationen das Blei
verboten werden würde. Ich bin daher gegen ein Bleiverbot. Aber ich
halte es trotzdem für wichtig, bessere Alternativen aufzuzeigen,
wenn es sie gibt.
Mir scheint es vor allem bei den Angelarten, bei denen viel Blei abgerissen
wird, wichtig, auf Alternativen umzusteigen. Das sind zB:
- Grundangeln in Flüssen mit schweren Bleien und hoher Hängergefahr
- Karpfen- und Welsangeln mit Abrissbleien
- Jiggen, bzw. alle Spinnangelarten, bei denen am Grund gefischt wird
und hohe Hängergefahr besteht, also vor allem in Flüssen, wenn
vom Ufer aus geangelt wird. Wenn dabei Gewichte über 20g benötigt
werden, ist es jedoch schwer, eine günstige Alternative zu Blei zu
finden, das ist mWn aber nicht der Hauptanteil bei der Jigangelei. Häufig
genügen 5 bis 20g.
Beim Meeresangeln muss ich mangels Erfahrung passen.
Angelarten, bei denen sehr geringe Mengen abgerissen werden und keine
praktikable Alternative zur Verfügung steht oder Angelarten, bei
denen es kaum zu Abrissen kommt, könnten mMn davon ausgenommen bleiben.
In etlichen Fällen bieten sich als Alternative die unproblematischen
Materialien Stahl, Stein und Beton an.
Mein Kompromiss-Vorschlag ist also:
- bei Angelarten, bei denen viel Bleiersparnis möglich ist und es
(relativ) leicht machbar ist, bewußt auf Beialternativen umsteigen
- bei Angelarten, bei denen es keine praktikable Alternative gibt oder
kaum Abrisse passieren, bewußt weiterhin Blei verwenden
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