Jigs mit Stahlkopf und Sollbruchstellen - zur Schonung von Umwelt und Geldbörse


Start | News | Ideen | Etwas Physik und mehr | Jighaken | Jigsystem | Bewegl. Kopf / Offset | Grundel-Jigsystem | Stahlgewichte | Gelatineköder | Links | Alternativen | Impressum

Veröffentlicht am 1. August 2018

Etwas Physik und mehr

Hier etwas Physik, da ein Hauptargument gegen Stahl ist, dass die Jigköpfe dadurch zu groß werden. Ich habe mir das mal etwas genauer theoretisch und praktisch angeschaut.

Dichte: Blei 11,3 g/cm³; Stahl 7,8 g/cm³; Dichte-Verhältnis Blei/Stahl: 11,3/7,8 = 1,45 (in Luft)

Da man aber im Wasser fischt, ist das Verhältnis im Wasser interessant:
Verhältnis Blei/Stahl im Wasser = (11,3 - 1) / (7,8 - 1) = 1,51, weil Wasser mit Dichte 1 einen Auftrieb erzeugt.

D.h. um mit einer Stahlkugel im Wasser auf das selbe Gewicht wie mit einer Bleikugel zu kommen, muss die Stahlkugel ein 1,51 mal so großes Voumen haben. Der Durchmesser einer Kugel steigt mit der 3. Wurzel des Volumens. Die 3. Wurzel aus 1,51 ist 1,15. D.h. der Durchmesser eines Stahl-Jigkopfs ist um 15% größer als der eines gleich schweren Blei-Jigkopfs.

In der Praxis ist das Verhältnis etwas schlechter, weil beim Bleikopf oft auch der Hakenschenkel ein Stück mit Blei ummantelt ist und kein Schlitz vorhanden ist.
Man kann rechnen, dass ein Stahlkopf einen ca. 20% größeren Durchmesser als ein gleich schwerer Bleikopf hat.
Beispiele siehe nachfolgendes Fotos:

Montiert:

Größenvergleich 10g Stahlkopf vs. 10g Bleikopf; montiert an 10cm-Gummifisch

Im Verhältnis zum Bleikopf wirkt der Stahlkopf schon groß, ich finde aber, dass er im Verhältnis zum 10cm-Gummifisch nun auch wieder nicht so auffällig ist. Ich hoffe jedenfalls, die Zander sehen das auch so :)

Grafischer Vergleich Blei - Stahl:

Unmontiert:

Größenvergleich 10g Stahlkopf vs. 10g Bleikopf

 


Ein anderer Vergleich: Ein 10g-Stahlkopf ist etwa so groß wie ein 14g-Bleikopf mit nicht ummanteltem Hakenschenkel (sonst wie 15g).
Siehe nachfolgendes Foto:

Größenvergleich 10g Stahlkopf vs. 14 g Bleikopf


Vergleich mit ZAMAK:
Die bleifreien Rundkopf-Jigköpfe, die ich bisher am Markt fand, sind aus ZAMAK (Legierung aus Zink Aluminium Magnesium Kupfer). Sie sind bei gleichem Gewicht größer als Köpfe aus Stahl, weil ZAMAK nur eine Dichte von ca. 6,7 g/cm³ hat, Stahl jedoch 7,8. Giftigkeit und Korrodierfähigkeit kann ich als Laie wenig beurteilen.

Ein 10g ZAMAK-Kopf ist merkbar größer als ein 10g Stahlkopf:

Größenvergelich 10g Stahlkopf vs. 10g ZAMAK-Kopf

Weitere grafische Größenvergleiche von Jigköpfen aus Blei mit anderen Materialien siehe Seite Alternativen zu Bleijigs

Beim Vergleich der verschiedenen Materialien ist auch noch zu beachten, dass Blei im Wasser etwas schwerer als Stahl ist.
1 cm³ Blei wiegt im Wasser 11,3 -1 = 10,3g, also um 8,8 % weniger als in Luft.
1 cm³ Stahl wiegt im Wasser 7,8 -1 = 6,8g, also um 12,8 % weniger als in Luft.
Daraus folgt: Ein 10g Bleikopf wiegt im Wasser 9,12g. Ein 10g Stahlkopf jedoch nur 8,72g also 0,4g weniger.

Kommt es wegen der 20% größeren Jigköpfe zu einer Verringerung des Fangerfolgs?
In trübem Wasser vermutlich kaum. Meine Fangergebnisse bestätigen diese Vermutung. In klarem Wasser spielt der größere Kopf vermutlich schon eine gewisse Rolle. Welche, müsste man durch Praxistests herausfinden. Wäre dankbar über entsprechende Erfahrungsberichte.

Es wird ja ohnehin auch mit größeren (aber natürlich auch schwereren) Blei-Köpfen erfolgreich auf Zander geangelt. Manchmal hört man auch von guten Erfolgen bei deutlich überbleiten Ködern, also wenn deutlich schwerere und damit größere Köpfe verwendet werden, als für das Ködergefühl notwendig wäre.

Ein Hänger bedeutet aufgrund der Sollbruchstellen auch nicht mehr automatisch ein Neumontieren der gesamten Montage, was insbesondere bei Kälte und Dunkelheit Zeit und Nerven spart.

Höherer Strömungsdruck:
Da Stahljigs größer sind, sind sie mehr dem Strömungsdruck ausgesetzt. Bei starker Strömung und zugleich tiefem Wasser sind Stahljigs den Bleijigs unterlegen. Nachteilig dazu kommt in diesem Fall auch die geringere Sinkgeschwindigkeit.

Geringere Absinkgeschwindigkeit:
Muss naturgemäß so sein. Da sie aber von so vielen Faktoren abhängt (Tiefe, Strömung, Entfernung, Schnurstärke, Köderart, Ködergröße, etc.) fiel mir das in der Praxis nicht auf. Ist je nach Bedingungen ein Vor- oder auch ein Nachteil. Nachteil z.B. bei großer Tiefe und starker Strömung. Vorteil bei geringer Tiefe.

Klopfgeräusch auf Stein:
Müsste etwas stärker sein, weil Stahl härter ist als Blei, durch die geringere Sinkgeschwindigkeit aber vielleicht auch nicht. Vor- oder Nachteil? Keine Ahnung.

Rost:
Abgerissene Jigköpfe sollen möglichst rasch im Wasser verrosten. Ich würde die Köpfe daher nicht mit einem Rostschutz ausstatten. Beim Fischen hat die Rostfarbe eher eine tarnende Wirkung als ein metallisch glänzender Jigkopf. Rost in der Köderdose spielt eine untergeordnete Rolle, weil bis die Köpfe richtig Rost ansetzen können, sind sie erfahrungsgemäß längst wieder abgerissen.

Ein Blick in eine Köderbox mit Stahlköpfen:
Vergrößerung

Gummiköder aus biologisch abbaubarem Material und ohne giftige Weichmacher:
Sind vermutlich wesentlich umweltschonender als Gummiköder aus PVC und PVC-Weichmachern. Und vermutlich auch wesentlich weniger gesundheitsschädlich für Hersteller, Verkäufer und uns Angler. Es gibt dazu bereits Produkte auf dem Markt und mMn interessante Entwicklungen. 2022 hab ich dazu erste Gehversuche gemacht. Infos und Bilder siehe dieses Forumthema.

Ist die Giftwirkung des Bleis für die Umwelt vernachlässigbar oder nicht?
Darüber gibt es eine ewige (Laien-)Diskussion. Ich habe diese Diskussion satt und bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich das als Laie überhaupt nicht beurteilen und entscheiden kann. Hier ein Link zu einem Forumbeitrag, in dem ich meine Meinung dazu ausführlicher äußere: https://angelforum.at/viewtopic.php?f=75&t=22210&start=30#p295259

Giftigkeit des Bleis für uns Angler und die Bleihersteller:
Sollte man wohl auch etwas im Auge behalten. Siehe Aufdruck auf einer amerikanischen Bleipackung:

Bei Verwendung von Stahl statt Blei erübrigt sich auch dieses Thema, weil das Element Eisen ist bekanntlich ungiftig.

Ökobilanz bei der Herstellung (ergänzt am 23. Februar 2020; aktualisiert am 8. Mai 2021)
Meines Wissens nach sind Energiebedarf und Co2-Ausstoß für Gewinnung und Herstellung bei Stahl- und Bleijigs in etwa vergleichbar. Bei Tungsten-Jigs dürften die Werte um ein mehrfaches schlechter sein als bei Stahl und Blei. Die Umweltbelastung durch Energiebedarf und Co2-Ausstoß für die Herstellung von Jigs ist im Vergleich zur Umweltbelastung durchs Autofahren aber eher klein. Das heißt, sobald etwas längere Autofahrten zum Erreichen des Angelreviers erforderlich sind, relativiert sich über ein ganzes Angeljahr gesehen der Energiebedarf für die Produktion der Angelgewichte stark. Mehr Details und Daten siehe in diesem Forumsartikel.

Bleiverbots-Debatte: (ergänzt am 11. Februar 2020)
Update am 8. Mai 2021:
Seit Beginn 2021 gibt es von seiten der EU den Vorschlag, den Verkauf von Angelblei generell zu verbieten. Siehe diese ECHA-Mitteilung

Meine Meinung zur Bleiverbots-Debatte:
Ich bin gegen ein totales Angelblei-Verbot. Viel mehr hoffe ich auf die Vernunft aller Beteiligten und einen Kompromiss (siehe weiter unten) mit dem alle leben können und der für die Natur deutlich weniger Bleibelastung bedeutet als zum jetzigen Zeitpunkt.

Ich bin der Meinung, dass es ein schwerwiegender Nachteil für uns Angler wäre, wenn für alle Angelarten und -situationen das Blei verboten werden würde. Ich bin daher gegen ein Bleiverbot. Aber ich halte es trotzdem für wichtig, bessere Alternativen aufzuzeigen, wenn es sie gibt.

Mir scheint es vor allem bei den Angelarten, bei denen viel Blei abgerissen wird, wichtig, auf Alternativen umzusteigen. Das sind zB:
- Grundangeln in Flüssen mit schweren Bleien und hoher Hängergefahr
- Karpfen- und Welsangeln mit Abrissbleien
- Jiggen, bzw. alle Spinnangelarten, bei denen am Grund gefischt wird und hohe Hängergefahr besteht, also vor allem in Flüssen, wenn vom Ufer aus geangelt wird. Wenn dabei Gewichte über 20g benötigt werden, ist es jedoch schwer, eine günstige Alternative zu Blei zu finden, das ist mWn aber nicht der Hauptanteil bei der Jigangelei. Häufig genügen 5 bis 20g.
Beim Meeresangeln muss ich mangels Erfahrung passen.

Angelarten, bei denen sehr geringe Mengen abgerissen werden und keine praktikable Alternative zur Verfügung steht oder Angelarten, bei denen es kaum zu Abrissen kommt, könnten mMn davon ausgenommen bleiben.

In etlichen Fällen bieten sich als Alternative die unproblematischen Materialien Stahl, Stein und Beton an.

Mein Kompromiss-Vorschlag ist also:
- bei Angelarten, bei denen viel Bleiersparnis möglich ist und es (relativ) leicht machbar ist, bewußt auf Beialternativen umsteigen
- bei Angelarten, bei denen es keine praktikable Alternative gibt oder kaum Abrisse passieren, bewußt weiterhin Blei verwenden